TSERING DOLKAR

Im Frühjahr 1998 hatten wir eine Patenreise nach Nepal und anschliessend Tibet geplant. Wir waren eine Gruppe von sechs Frauen und einem Mann. Beim Besuch des vom Verein TFH unterstützten Tibetischen Flüchtlingscamps in Chialsa, in den Bergen des Mount Everest, begegnete mir ein ca. 10 Jahre altes Mädchen. Sie fiel mir auf weil sie uns beobachtete und wenn ich zu ihr hinsah, verschwand sie um die Ecke. Ich ging ihr nach und sprach sie an, da nahm sie meine Hand und führte mich zu einer Frau vom Camp. Diese erklärte mir, dass Tsering Dolkar, so hiess das Mädchen, weder hören noch sprechen konnte. Das war der Anfang einer langen Erfolgsgeschichte. Wir konnten mit Hilfe unseres Patenschafts Sekretärs, das Mädchen nach der Einwilligung ihrer Eltern, in der Schule für Gehörlose in Kathmandu unterbringen, wo sie auch im dazugehörigen Internat wohnen konnte und betreut wurde. Später konnten auch ihre Eltern und Brüder nach Boudhanath / Kathmandu nachkommen. Ihre Mutter fand Arbeit als Teppich-Knüpferin und dort konnte die Familie auch wohnen. Um die Schule für Tsering Dolkar zu finanzieren, hat sich ein Vorstandsmitglied des Vereins TFH sofort bereit erklärt, die Patenschaft für sie zu übernehmen. Obwohl Tsering im Camp in den Bergen bis zu ihrem 10. Lebensjahr, auf Grund ihrer Behinderung, keine Schule besuchen konnte, war sie eine äusserst gelehrige und fleissige Schülerin. Sie gehörte bald schon zu den Besten ihrer jeweiligen Klasse. Auf Grund der Gebärdensprache, die auch ihre Mutter dann lernte, konnte sich die Familie sehr gut mit ihr unterhalten. Dazu lernte sie auch ganz ausgezeichnet englisch zu schreiben, was wiederum den Kontakt zu ihrem Paten vereinfachte und vertiefte. Die Jahre vergingen, Tsering machte wie erwartet ein ausgezeichnetes Abitur, fand eine Arbeit die sie erfüllte und lernte dabei ihren jetzigen Mann kennen, der ebenfalls gehörlos ist. Seit 1916 gibt es erfreulicher Weise einen kleinen Sohn, der von Tsering, ihrem Mann und ihrer Mutter betreut wird, denn der Kleine kann ganz normal hören und auch entsprechend plappern. Die finanzielle Hilfe zur Ausbildung ist nun beendet, die Freundschaft zu ihrem Paten wird anhalten und ist für beide Seiten eine enorme Bereicherung.